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Bauen für Bildung?


QUINTESSENZ: An vielen Ludwigshafener Schulen und Kitas ersetzen Container dringend benötigte Neubauten
 

VON CHRISTIANE VOPAT


Seit dem Jahr 2010 gehöre ich zum Team der Stadtredaktion der Ludwigshafener Rundschau. Und seither kümmere ich mich auch um das große Thema Schulen und Kindertagesstätten in der Stadt, in der ich nicht nur arbeite, sondern auch gern lebe. Als Journalistin und auch als Mutter eines mittlerweile erwachsenen guten Sohnes habe ich auf diesem Gebiet einige Erfahrungen und Sachkenntnis sammeln können. Unterm Strich muss ich bilanzieren, dass sich unser Bildungssystem im 21. Jahrhundert bisher nicht gerade positiv entwickelt hat.


Schon als meine Familie im Frühjahr 2003 in Ludwigshafen landete, war es nicht einfach, in der Innenstadt einen Kindergartenplatz für mein damals fünfjähriges Kind zu finden, aber es war noch möglich. Ich bin dann eineinhalb Jahre lang täglich aus dem Stadtteil Süd zu einer Kita nach Mundenheim gependelt, in der mein Sohn sehr gut und verlässlich ganztags betreut wurde. Davon können mittlerweile viele Eltern nur noch träumen. Wenn Sie überhaupt einen Kitaplatz ergattern.
Denn in der Stadt fehlen knapp 2000 Betreuungsplätze, und einige Hundert sind zwar baulich vorhanden, können aber den Müttern und Vätern nicht angeboten werden, weil Erzieherinnen fehlen. Und selbst wenn Eltern einen Kitaplatz bekommen haben, kann es passieren, dass Betreuungszeiten spontan gekürzt werden, weil Erzieherinnen erkranken oder aus anderen Gründen plötzlich fehlen. Das Familienleben und den Beruf unter einen Hut zu bekommen, ist unter diesen Umständen besonders für Frauen in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Ludwigshafen eher komplizierter als einfacher geworden.


Als mein Sohn 2004 eingeschult wurde, hatten er und ich das große Glück, einen Platz in einem wunderbaren Schulhort mit ausgezeichneten Pädagoginnen zu bekommen. Obwohl mittlerweile noch viel mehr Familien als damals auf eine gute Betreuung ihrer Grundschulkinder nach dem Unterricht angewiesen sind, ist die Anzahl der Hortplätze kaum gewachsen. Stattdessen gibt es andere Angebote wie die Betreuende Grundschule, die pädagogisch und räumlich sowie von den Betreuungszeiten her nicht mit Horteinrichtungen vergleichbar ist. Von einer flächendeckenden Versorgung mit gut ausgestatteten Ganztagsschulen ist Ludwigshafen noch weit entfernt.


Und noch ein Problem spitzt sich zu: An vielen Grund- und weiterführenden Schulen sowie auch an Fördereinrichtungen gibt es aktuell große Raumnot. Weil die Schülerzahlen seit Jahren wachsen, fehlen Klassen- und Aufenthaltsräume für Schüler und Lehrer, die trotzdem immer mehr Zeit in ihren Einrichtungen verbringen sollen. Diese Raumnot wird nur selten behoben, indem neue und hochwertige Gebäude errichtet werden. Ganz im Gegenteil: In der Regel werden Container aufgestellt - sowohl für Kita- als auch für Schulkinder.


Diese sogenannten Raummodule stehen mittlerweile überall in der Stadt: Die Kita am Lichtenberger Ufer in der City besteht aus Containern, das Ausweichquartier an der Integrierten Gesamtschule Ernst Bloch, in dem derzeit die Kinder der Schiller- Grundschule noch bis mindestens Sommer 2025 lernen sollen, ebenso. Auch an der Mozartschule in Rheingönheim und an der Georgens-Schule in Oggersheim wurden bereits Container-Klassenzimmer aufgestellt. Und zwar nicht als Provisorium, sondern als Dauerlösung. Die Liste ließe sich noch weiter verlängern.


Von einer modernen Bildungsarchitektur und zeitgemäßer Lernumgebung ist an vielen Einrichtungen in Ludwigshafen nicht mehr viel zu sehen. Oft wissen die betroffenen Schulen im Frühjahr noch nicht, wie und wo es im kommenden Schuljahr für die vielen Schüler weitergeht.


Es ist für mich erstaunlich, dass der Aufschrei der Tausenden betroffenen Eltern in der Stadt über diese drastischen Entwicklungen nicht viel lauter ausfällt. Neue Schulen und Kitas sollten mindestens einen so großen Stellenwert haben wie Straßenneubauten und neue Rathäuser.